Cuby + Blizzards - Too Blind To See
Die Band war für mich damals besonders wichtig, weil ich mich seinerzeit, bereits vor Erscheinen dieser Platte, für den Gitarristen begeistern konnte - den für mich absoluten Star der Gruppe: Eelco Gelling!
Gelling kam als Autodidakt zum Gitarre spielen (was vielleicht auch seinen ungewöhnlichen Stil erklärt) und galt lange als der beste Gitarrist der Niederlande. In der Tat habe ich selten einen solch innovativen und außergewöhnlichen Gitarristen wie Gelling im Bereich des bleichgesichtigen Blues Rocks und des Rocks gehört, und Gelling konnte sich bei C + B so richtig entfalten. Man höre nur einmal seine "schrägen" Soli auf den Live-CDs "Live in Düsseldorf" und "Afscheidsconcert"…
Als Peter Green 1967 John Mayall verließ, wollte Mayall gern auf Gelling zurückgreifen. Auch Van Morrison interessierte sich für ihn, doch er blieb C + B treu. Nebenbei verdiente er sich wohl noch etwas hinzu als Sessiongitarrist, u.a. bei Golden Earring (Lauscht mal seinem Einsatz bei "Radar Love"!).
Nach dem Auseinanderbrechen von C + B verdingte er sich als Vollmitglied bei Golden Earring. Die CDs, die während dieser Zeit aufgenommen wurden, sind meine Lieblings-CDs der Formation, eben weil Gelling den Sound sehr mitprägte. Für sehr gut halte ich die Platte "Contraband" und die Live-Doppel-LP.
Leider verlor sich Gellings Spur in Obskurität. Drogen und Alkohol haben ihn wohl geschädigt und wenn man ihn heute hört, merkt man, dass er gelitten hat. Immer wieder werden Neuveröffentlichungen angekündigt, aber es schien wohl nicht so recht zu klappen, bis er 2005 eine recht passable neue CD veröffentlichte.
Aber nun zu "Too Blind To See": Die CD wurde 1970, in einer Zeit des musikalischen Umbruchs vieler weißer, europäischer als auch amerikanischer Blues Rock-Bands, veröffentlicht. Der Blues verschwand langsam, und immer mehr wurde versucht, neue Entwicklungen einfließen zu lassen, einige Bands liebäugelten neben Rock- auch mit Popelementen, die 'schlimmstenfalls' im totalen Kommerz endeten (siehe hierzu Fleetwood Mac).
Insofern stellt die vorliegende CD auch einen Wendepunkt in der Entwicklung C + Bs dar, wie ich meine. War das Vorgängeralbum, "Appleknocker's Flophouse" (Brillant - ein absoluter Klassiker!) noch bluesgeprägter, so setzten sich bei "Too Blind To See" doch schon mehr weitere Einflüsse durch, die sich fortsetzten in den Nachfolgealben "Simple Man" (Ein fantastisches Album!!!) und "Sometimes", die auch in dieser, musikalisch sehr hochwertigen Besetzung, eingespielt wurden.
Die CD beginnt mit "Thursday Night", einem schon sehr pop-orientierten, mit Flöte und anderen Bläsern unterstützten Song. Diese 'luftige' Stück vermittelt ein wohltuendes Hörerlebnis.
"Night Train" kommt da schon ganz anders daher: Das ist groovend-schleppender Blues Rock mit einem tollen, kurzen aber intensiven Gelling-Solo.
"Evil Woman" ist mit Bläsern und Orgel unisono unterstützter atmosphärisch schleppend-rockender Blues mit äußerst gefühlvollen Vocals von Cuby und einem irrsinnigen Solo von Gelling… äußerst ungewöhnlich.
"Wee Wee Baby", ein rockender, vom Piano getragener Blues mit verhallter E-Gitarre und einem kurzen Elmore James-Zitat. Auch hier schafft es Gelling wieder, alle möglichen Spielarten und Stile auf kleinstem Raum unterzubringen, so als wäre er gehetzt, fühlt es sich mitunter an.
"Too Blind To See" erscheint als wunderschöner Slow-Blues mit einer sehr gefühlvollen Slide Guitar und wird durch das Bläserarrangement gefühlvoll begleitet. Die Emotionen quillen hier schwer triefend aus den Boxen - eine absolut wehmütige Stimmung (»Make me feel like a lonely drop of rain«) - und dann der Solo-Einstieg Gellings, der mir noch heute Gänsehaut verursacht, gefolgt von einem tollen Pianosolo. Ein irres Stück!
Es folgt das instrumentale "Birks' Works", ein Jazz-Klassiker von Dizzy Gillespie (der Trompeter mit den 'Froschbacken'), der zeigt, welch gute Musiker hier doch am Werk waren. Das swingt wirklich gut.
Das letzte Stück, "Time Passed Me By", zeigt schon auf, in welche Richtung C + B gehen würde. Mehr Pop-orientiert, dennoch mit verbliebenem, vom Schlagzeugbesen getragenen, bluesig-jazzigem Touch, vorgetragen von Cuby mit seinen typischen 'schmerzerfüllten' Vocals, obwohl man ihm irgendwie diesen zum Ausdruck gebrachten Schmerz abnahm. Sehr gefühlvoll und jazzmäßig sind Gellings Soli und auch das ungewöhnlich 'gedoppelte' Piano hat was.
Cuby + Blizzards - noch heute für mich eine der wichtigsten Bands der niederländischen Szene, deren Platten besonders den Blues Rock jener Tage wiedergeben. Und - wie gesagt, eine 'historische Scheibe des Umbruchs'.
Harry 'Cuby' Muskee (vocals, harp) Eelco Gelling (guitar) Helmig van der Vegt (keyboards) Herman Deinum (bass) Hans Lafaille (drums) Bas Munninksma (tenor sax, flute, french horn ) Rudi van Dijk (baritone sax)
01:Thursday Night 02:Night Train 03:Evil Woman 04:Wee Wee Baby 05:Too Blind To See 06:Birks' Works 07:Time Passed Me By
Wolfgang
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