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Wade Ray - Idaho Red

Hier halte ich eine weitere Ausgabe aus der Serie "Gonna Shake This Shack Tonight" von Bear Family in Händen. Und wieder ein Genuss für den an Musik interessierten Leser, mit dem typischen, hervorragenden Booklet.
Geboren wurde der Künstler als Lyman Wade Ray am 6. April 1913 in Griffin, Indiana, aufgewachsen ist er jedoch in Arkansas. Schon ganz früh wurde Ray an die Musik herangeführt und schnell begeisterte er sich für die Geige, mit dem Ergebnis, dass er 1924 mit den damals üblichen 'Tent and Medicine Shows' und einem Zirkus herumreiste.

Wade Rays besonderes musikalisches Interesse galt dem Dixieland Jazz und deshalb versuchte er mit seiner Fiddle, die Klarinette zu imitieren. So avancierte der großartige Jazzgeiger Joe Venuti zu des Knaben Vorbild. In den frühen Dreißigern schlug er, mittlerweile in St. Louis lebend, mit Pappy Cheshire's National Champion Hillbillies den Country-Pfad ein. 1936 kam es zu ersten Plattenaufnahmen und man war wohl von seinem vom Swing inspirierten Spiel begeistert.
Neben der Arbeit für das Radio mehrten sich die Auftritte und die Bands, mit denen Ray spielte. Eine eigene Band gab es mit den The Ozark Mountain Boys ebenfalls, die zur Hausband in einem Nachtclub in Van Nuys, Kalifornien aufstieg.
1951 kam es dann zum Plattenvertrag mit RCA Victor. Die Zeit bei dieser Plattenfirma wird auf dieser Kompilation abgedeckt. Wir können hier Aufnahmen, eingespielt zwischen dem 16. Juli 1951 und Mai 1957, hören. Die beiden letzten Titel wurden jedoch bereits für das DOT-Label eingespielt, denn die Zeit mit RCA endete bereits im Januar 1957.

Rays 'kleine' Karriere kam in den Sechzigern ein wenig in Schwung, als er unter anderem zusammen mit Willie Nelson musizierte. Im Jahre 1979 schließlich zog er sich aus dem Geschäft zurück und setzte sich zur Ruhe, zeigte sich aber anlässlich einiger Live-Konzerte immer wieder in der Öffentlichkeit und legte im Jahre 1982 sogar noch einmal ein Album vor, sein letztes allerdings. Im Musikgeschäft blieb er jedoch, indem er sich unter anderen für Nachwuchswettbewerbe engagierte.

Im Alter von 85 starb Wade Ray am 18. November 1998. Zwar war er zeitlebens nie der Superstar, ein Status, den er sicher verdient hätte, doch ging er damit recht bescheiden um. So erklärte er im Jahre 1994:

»Show business is not an easy life. There was still a love for it. You had a style that you was proud of, you had principles you was proud of what you had. You did it for the love of it and was proud of what you have. I never done nothin' I wasn't proud of or I wouldn't do it.«


Wer auf "Idaho Red" jedoch reinen Country-Sound erwartet, dürfte schnell eines Besseren belehrt sein, denn die ersten Titel sind völlig anders, lassen sich auch nicht klar zuordnen. Das ist eine wilde Mischung aus Blues, aus Rhythm & Blues, aus Rock'n'Roll und Rockabilly. Letzteres und eine leichte Ausrichtung zum Western Swing, die sich später noch verstärken sollte, sind allenfalls jene Stile, die am ehesten der reinen Country-Lehre entsprechen. Vielleicht ist es auch dieser Umstand, der dazu führte, dass der Musiker nie die 'erste Geige' spielen sollte, war er doch nicht unbedingt greifbar für einen konkreten Stil.
Insofern ist der für mich ein Ausnahmekünstler, der mit seinem ganz besonderen Sound genau das verkörperte, was ich an Musik so liebe: Dieses eigenwillige Element, das Individuen hervorbringt, die sich klar aus der Masse heben. Und genau das hat Wade Ray für mich ganz eindeutig, dieses Besondere, wie sagt man heutzutage auf neudeutsch so gern, den 'X-Faktor'. Bereits mit dem ersten Song, dem Hit "Idaho Red", offenbart sich ein irrer Sound - mit Geräuschen von Zügen und Autos untermalt, die Gitarren produzieren flirrende Klänge, einem Hummelflug gleich...

Allen Titeln ist gemein, dass sie unglaublich swingen, und die virtuosen Einwürfe von Gitarre, Piano, Fiddle und Steel Guitar vervollkommnen diese Atmosphäre. Besonders beim Instrumental "Dipsey Doodle" bemerkt man die Jazz-Elemente. Da kann eigentlich kein Bein ruhig bleiben, diese Musik treibt unglaublich an, so elastisch gebärdet sich der Rhythmus. "Call Me Up" geht weit zurück in eine gewisse 'Kintopp-Atmosphäre', mit gewissen Vaudeville-Charme und einem klimpernden Piano, dazu 'klickert' die Perkussion unablässig - das macht einfach Spaß! Aber auch wunderschöne Schnulzen gibt es zu hören, allen voran sicher "There's No Fool Like A Young Fool" mit diesem urigem Orgelsound.

Wade Ray geriet in die Zeit zwischen dem Verblassen der Popularität des Western Swing, der ja sein eigentliches Metier war, und dem Aufkeimen des Rockabilly. Er verstand es jedoch, diese Änderungen mit einzubeziehen. Die beiden letzten Aufnahmen zeigen jedoch schon eher in die typische Country-Richtung. Vielleicht hören wir von der 'Bärenfamilie' ja noch etwas über die Zeit nach 1957 - schön wäre es.


Die Songs:

01:Idaho Red (2:20)
02:Two Red Red Lips (2:00)
03:Burning Desire (2:06)
04:I Need A Good Girl Bad (2:28)
05:No Mama - No Papa (2:17)
06:Are You Fer It? (2:23)
07:Cattin' Around (2:20)
08:Too Late To Dream (2:23)
09:Saturday Night (2:07)
10:The Fiddlin' Rag (2:56)
11:Easy Pickin's (2:13)
12:Call Me Up (2:05)
13:Don't Wait To Baby Your Baby (2:24)
14:Rosetta (2:21)
15:All Or Nothin' Man (2:01)
16:Excuse Me (2:38)
17:Dipsey Doodle (2:20)
18:That Love Makin' Melody (2:09)
19:Bill Bailey (2:30)
20:Perdido (2:29)
21:June-Bug Jitters (2:22)
22:Just Like Taking Candy From A Baby (2:46)
23:It's All Your Fault (2:32)
24:Any Old Time (2:43)
25:Little Green Valley (2:22)
26:Down Home Rag (2:23)
27:There's No Fool Like A Young Fool (2:55)
28:Did I Do Wrong (2:47)
29:Walk Softly (2:45)
30:Let Me Go, Devil (2:57)

Wolfgang