Max Raabe & Palastorchester - Eine Nacht in Berlin
An Max Raabe, dem am 12. Dezember 1962 in Lünen geborenen Musiker, mögen sich wahrscheinlich die Geister scheiden und möglicherweise polarisiert er auch.
Gesang hat er studiert, der Max, und währenddessen - es war 1986 - wurde bereits das Palastorchester gegründet. Man wird sich sicher noch an den ersten großen Hit "Kein Schwein ruft mich an" erinnern - das Teil schlug relativ weitverbreitet ein. Auch ich fand es ganz lustig, und wunderte mich, dass man mit diesem herrlich altmodischen Arrangement punkten konnte. Nun, der politische Neubeginn der zwanziger Jahre erstreckte sich auch auf die Musik, und so betraf das auch ausländische Musikrichtungen, sodass nach und nach auch Swing und Bigband-Musik an Raum gewannen, bis zu jenen Jahren, als beide Stile zur 'Entarteten Musik' vorsätzlich mutiert wurden.
Aber bis dahin war Jazz ein Teil der Unterhaltungsmusik, der Musik in den Salons, in Filmen, und auch Max Raabe bedient sich dieser Elemente eindeutig. Allein schon die Besetzung seines Orchesters gibt klare Hinweise darauf. Trompeten, Klarinetten, Saxofone und auch das Sousaphon bestimmen das Klangbild dieser grundsätzlich recht fröhlich orientiert klingenden Musik. Mögen einige das Ganze auch als Unfug, als blöden Spaß abtun, so ist es jedoch beileibe alles andere als Klamauk. Dazu stimmen die Arrangements passgenau, spielen die Musiker erstklassig, sind die Texte spitzfindig und wirken so, als hätte man vielen Leuten aufs Maul geschaut.
"Kleine Lügen", ein Auszug: »Kleine Lügen tun nicht weh, kleine Lügen sind wie Honig im Tee, wie ein Sahnebaiser, und sie machen das Leben leichter«. Dazu gehören auch solche Liebeserklärungen, wie "Mir kann nichts passieren", und die schaurig-schöne "Moritat von Mackie Messer". Bei "Ich schlaf am besten neben Dir" bemerkt man dann auch, dass Raabe die alte Atmosphäre textlich ebenfalls in die Neuzeit transformiert hat, reimt er doch Tee auf PC. So halte ich das Gebotene für durchaus aktuell oder eher noch: zeitlos. Die Atmosphäre der damaligen Zeit, inklusive jener der Kriegswirren, scheint mir, ob nun ernsthaft vorgetragen oder auch voller Sarkasmus und Ironie triefend, gelungen eingefangen zu sein.
Wer den Applaus zwischen den einzelnen Songs vermisst, sollte sich die DVD zur Hand nehmen. Auch die jeweiligen humorigen Ansagen kann man dort nachvollziehen. Ebenfalls bekommt man weitere, nicht auf der CD enthaltene, Lieder geboten. Während das Orchester das Konzert mit der "Ouvertüre" bereits einleitet, sieht man Raabe noch auf dem Fahrrad durch Berlin radeln, bis er auf der Bühne des Admiralspalastes erscheint. Der Film läuft in Teilen in schwarzweiß und erfährt durch diverse Spezialeffekte viel Abwechslung. Mit steifer Eleganz und ausgeprägten Mundbewegungen die Worte formend, präsentiert uns der Sänger seinen Reigen aus einer Mischung voller nostalgischer, nachdenklicher und humorvoller Songs. »Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns die Möglichkeit einräumten, Ihnen noch ein Stück vortragen zu dürfen«. Auf diese sehr elegant-hochnäsige Weise wird nach fast fünfundachtzig Minuten Konzert die Zugabe angekündigt, das "Schlaflied". Als Bonus gibt es dann noch eine kurze Dokumentation zur Entstehung einiger Songs als Abrundung.
Unabhängig davon, ob man diese Art der Musik oder die vom Vortrag ausstrahlende Atmosphäre mag oder nicht, bleibt mir die Erkenntnis, dass viele der Songs einen starken Wiedererkennungscharakter besitzen und durchaus den Ruf laut werden lassen, sie noch einmal hören zu wollen. Musik von hoher Qualität!
Max Raabe (Gesang) Das Palastorchester: Cecilia Criasfulli (Violine) Michael Enders (Trompete, Gesang) Thomas Huder (Trompete, Gesang) Jörn Ranke (Posaune, Viola, Gesang) Rainer Fox (Sax, Klarinette, Gesang) Sven Bährens (Sax, Klarinette) Johannes Ernst (Sax, Klarinette) Bernd Frank (Sax, Klarinette) Bernd Hugo Dietrich (Kontrabass, Sousaphon) Ulrich Hoffmeier (Gitarre, Banjo, Violine) Vincent Riewe (Schlagzeug, Perkussion) Ian Wekwerth (Piano, Akkordeon)
CD: 01:Ouvertüre - Ich bin nur gut, wenn keiner guckt (2:15) 02:Marie, Marie (2:25) 03:Schöne Isabella von Kastilien (2:40) 04:Speak Low (2:46) 05:Mir kann nichts passieren (3:08) 06:Wir sind von Kopf bis Fuss auf Liebe eingestellt (2:55) 07:Ich schlaf am besten neben Dir (3:11) 08:I Won't Dance (2:55) 09:Kleine Lügen (2:27) 10:Für Frauen ist das kein Problem (3:13) 11:Du passt auf mich auf (2:44) 12:Lass mich rein, ich hör Musik (2:20) 13:Moritat von Mackie Messer (3:21) 14:Am Amazonas (2:32) 15:Am Ende kommt immer der Schluss (2:06) 16:Küssen kann man nicht alleine (2:53) 17:Mein kleiner grüner Kaktus (2:17) 18:Schlaflied (3:08) Bonus: 19:Du passt auf mich auf (Radio Mix) (2:55)
DVD: 01:Ouvertüre - Ich bin nur gut wenn keiner guckt 02:Marie Marie 03:Eine Nacht in Monte Carlo 04:Zwei Treppen links im Nachbarhaus 05:Schöne Isabella von Kastilien 06:Speak Low 07:Un'ora Sola Ti Vorrei 08:I Won't Dance 09:Ich kauf mir 'ne Rakete 10:In meiner Badewanne bin ich Kapitän 11:I Only Have Eyes For You 12:Mir kann nichts passieren 13:Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt 14:Ich schlaf am besten neben Dir 15:Kleine Lügen 16:Für Frauen ist das kein Problem 17:Du passt auf mich auf 18:Lasst mich rein, ich hör Musik 19:Moritat von Mackie Messer 20:Let's Do It 21:Am Amazonas 22:Smoke Gets In Your Eyes 23:Night And Day 24:Amapola 25:Am Ende kommt immer der Schluss 26:Küssen kann man nicht alleine 27:Mein kleiner grüner Kaktus 28:Schlaflied Bonus: 29:Making Of | Rhythm Man | Singing In The Bathtub
Wolfgang
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