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 Betreff des Beitrags: Hiromi - Place To Be
BeitragVerfasst: Fr 4. Jul 2014, 08:25 
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 11:05
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Hiromi - Place To Be

Die Komponistin und Pianistin Hiromi Uehara wurde 1979 in Shizuoka, Japan, geboren. Seit ihrem 6. Lebensjahr spielt sie Piano. Zunächst in klassischer Musik ausgebildet, fand sie den Weg zum Jazz im Alter von 17, als sie den Pianisten Chick Corea kennen lernte. Mit ihm zusammen wurde später noch eine gemeinsame Doppel-CD veröffentlicht ("Duet", 2008).

Im Jahr 2003 veröffentlichte sie auf Telarc ihr erstes Album, "Another Mind". Dieses und folgende Platten enthielten reinste Fusion, bei der auch viel elektronische Keyboards spielte. Und nun eine reine Piano-Solo-Platte. Die Musik ist so gar nicht vergleichbar mit dem, was vorher zu Gehör kam.
Soloplatten mit nur einem Instrument können für den Zuhörer stets eine Gefahr bergen, nämlich, dass die Musik sehr eintönig sein kann. So mag einerseits durch zu wenig Abwechslung schnell Langeweile aufkommen, andererseits durch allzu viel Improvisation die Struktur fehlen. Was erwartet uns hier nun?

Hiromi hat von sich selbst gesagt: »I don't want to put a name on my music«, oder »I love Bach, I love Oscar Peterson, I love Franz Liszt, I love Ahmad Jamal, I love also people like
Sly And The Family Stone, Dream Theater and King Crimson«.

Nun, eine Menge an Einflüssen, die hier Gestalt annehmen könnten.
Darüber hinaus gibt es viele berühmte Vorbilder, die Piano-Solo-Platten veröffentlichten, seien es Thelonius Monk oder Keith Jarrett, um nur zwei zu nennen. Sicher mag von allen etwas eingeflossen sein, wenn man vielleicht ganz genau zuhört. Aber im Kern ist das hier noch 'Post Bop', mit Elementen aus der klassischen Musik, der Romantik und von Urformen der Pianomusik wie Stride oder Ragtime.

Im Booklet beschreibt die Künstlerin dann auch, welche Eindrücke sie mit den einzelnen Titeln verarbeitete und ausdrücken wollte. Bevor ich das gelesen habe, habe ich versucht, mir meine persönlichen Interpretationen zu schaffen und muss gestehen, dass es durchaus einige Übereinstimmungen gab. Auf "BQE", wo sie den starken Verkehr in Brooklyn musikalisch darstellen wollte, hört es sich für mich an wie Anklänge an den "Hummelflug", die Musik fließt und schwirrt und vibriert, eine mitunter hektische Angelegenheit, wahrlich gut getroffen.

Nach diesem wie eine 'Kür' anmutenden Auftakt, erscheint der folgende Titel wie eine Pflichtübung, denn das hat Anklänge an den Früh 60er-Blue Note Sound eines Horace Silver oder Bobby Timmons.
Es folgen auf den einzelnen Tracks viel Romantisches, einige Bluesanleihen, immer wieder ein Hauch von Thelonius Monk, ein astreiner Boogie-Ausflug auf "Cape Cod Chips" , ein Zitat von "Smoke On The Water" auf dem Titel, der Las Vegas gewidmet ist, auf der Songtrilogie "Viva!Vegas", immer wieder Zitate an Fats Waller oder Art Tatum und die individuelle Bearbeitung von Pachelbels "Canon", wo mit abgedämpften Pianosaiten Effekt erzielt wird.
Innerhalb jedes Songs entwickelt Hiromi spontane Ideen, scheint kreative Impulse aufzunehmen und weiter zu entwickeln, ohne aber völlig vom Grundschema abzuweichen und den 'roten Faden' zu verlieren.

Gekennzeichnet ist die Musik von hoher Expressivität und Virtuosität, etwas, für das man offene Ohren benötigt, denn das ist nicht einfache Pianomusik, die man dahinplätschern lassen kann, selbst die balladesken Momente beinhalten noch sehr viel Abwechslung, wie z.B. auf dem wohl schönsten Stück der Platte, "Place To Be", dem Titelsong, der ausdrücken soll, dass wir alle im Leben ständig auf der Suche sind nach einem Platz, bei dem wir letztlich bleiben möchten. "What A Wonderful World", dieses scheint mir atmosphärisch kurz durchscheinen zu wollen. Und, das liegt ja hier auch nahe, etwas, was ich von Beginn an eigentlich erwartet hatte, nämlich musikalische Einflüsse aus Japan, schimmern hier, auf der Suche nach Heimat, dann auch ganz sanft durch.

Manchmal ist die Künstlerin ganz nah an solchen Momenten - mit wilden Eruptionen, wie man sie kennt von ihrem einst sehr kompromisslosen Landsmann Yosuke Yamashita oder von Cecil Taylor, aber es bleibt bei Ansätzen, die Grenze zum Free Jazz wird nie überschritten, und so ist eines der sicher kreativsten und abwechslungsreichsten Piano-Solo-Alben der letzten Jahre entstanden. (VÖ 2010)

Ich gratuliere!

P.S.: Zum Schluss dann der Bonus Track, bei dem Hiromi von der Sängerin Akiko Yano unterstützt wird - ein leicht verträumter Ausstieg.


Hiromi Uehara (piano)
Akiko Yano (vocals - #13)

01:BQE (5:56)
02:Choux À La Creme (5:29)
03:Sicilian Blue (8:26)
04:Berne, Baby Berne! (2:56)
05:Somewhere (5:38)
06:Cape Cod Chips (5:41)
07:Islands Azores (4:29)
08:Pachelbel's Canon (5:22)
09:Viva! Vegas: Show City, Show Girl (3:56)
10:Viva! Vegas: Daytime In Las Vegas (4:30)
11:Viva! Vegas: The Gambler(5:37)
12:Place To Be(6:39)

Bonus:
13:Green Tea Farm (Bonus Track) (4:09)
all titles by Hiromi Uehara, except #4 (Louie Bellson, Remo Palmer) and #8 (Pachelbel)

Wolfgang

http://www.hiromimusic.com/


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