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 Betreff des Beitrags: Charles Mingus - Mingus Ah Um
BeitragVerfasst: Do 10. Jul 2014, 09:02 
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 11:05
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Charles Mingus - Mingus Ah Um (50th Anniversary Legacy Edition)

Wie ich bereits andernorts bemerkte, war 1959 offensichtlich ein starkes Jahr im Jazz.
Dazu trug auch Charles Mingus bei, der neben anderen, damals bei CBS-Columbia verpflichteten Künstlern, eines dieser wichtigen Jazzwerke in jenem Jahr veröffentlichte. Mingus war gerade bei CBS angekommen.

Mit den Alben "Pythecanthropus Erectus", 1956 auf Atlantic Records veröffentlicht, oder "Blues And Roots" ebenfalls auf Atlantic, kurz vor der vorgestellten Platte, hatte Mingus bereits zwei Referenzalben vorgelegt, die er hier aber noch toppen oder mindestens gleichziehen konnte.

Mingus wäre sicher nicht so bekannt geworden, hätte er sein Musikerleben nur als Bassist verbracht. In seiner Eigenschaft als Komponist, Arrangeur, Bandleader sowie Bassist (und Piano spielte er auch noch), konnte es ihm eher gelingen, dieses hohe Ansehen in Jazzkreisen zu erwerben.

In den 40er Jahren bereits mit Louis Armstrong und Lionel Hampton unterwegs, gesellten sich weitere musikalische Kontakte mit Stan Getz oder Art Tatum hinzu. Darüber hinaus war er Teil dieser legendären Einspielung von 1953, aus der Massey Hall in Toronto, als sich die Musiker Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Bud Powell und Max Roach mit ihm zusammen auf die Bühne begaben.

Spätestens mit "Pythecanthropus Erectus" hatte er ein eigenes Profil gefunden. So gelang es ihm, Musik mit Einflüssen aus New Orleans Jazz, Be Bop, Blues, Swing, Lateinamerika und klassischer Musik in einem an den Arrangements eines Duke Ellington orientierten Umfeld zu schaffen. Doch er ging weiter: Seine Kompositionen waren komplizierter, 'schräger' und mit sehr vielen Tempo- und Taktwechseln ausgestattet.

Mingus soll ein schwieriger Zeitgenosse gewesen sein, angeblich launisch und aufbrausend, andererseits aber auch sehr freundlich und zugewandt. Selbst habe ich ihn einmal live erleben können, und diesbezüglich bestätigt sich eher die erste Variante, dahingehend, dass er fortwährend mürrisch und schlecht gelaunt war, was seinen musikalischen Ausdruck jedoch nicht behinderte.

Hier nun liegt uns mit dieser Edition eine Ausgabe seiner beiden unter der Regie von Teo Macero eingespielten Platten vor, nämlich "Mingus Ah Um" und "Mingus Dynasty", die man im Titel leider verschwiegen hat. Etwas merkwürdig ist die Aufteilung der Doppel-CD:
Die Stücke 1-9 umfassen alle Titel der ursprünglichen Session von neun Nummern, die hier in ihrer ursprünglich vorgesehenen originalen Länge enthalten sind (für die LP wurden sechs Titel gekürzt), sowie drei Bonustracks und eine Alternativeinspielung eines Titels.

Zwei weitere Alternativsongs starten dann die CD 2, bevor, fast schon als Hidden Tracks anmutend, die komplette "Mingus Dynasty" dazugepackt wurde - ebenfalls mit einem zusätzlichen Bonusstück.

Der 'Hit' der "Mingus Ah Um" ist eindeutig "Goodbye Pork Pie Hat", von vielen Musikern, auch aus dem Pop- und Rockbereich nachgespielt. Ich erinnere hier an eine sehr schöne Version von Jeff Beck! Mingus hat diesen Titel dem kurz vor den Sessions gestorbenen Tenorsaxofonisten Lester Young gewidmet.

Aber nicht nur bei dieser Widmung bleibt es auf der Platte, denn auch Titel wie "Better Git It In Your Soul", der der Gospelmusik seine Referenz erweist, oder "Boogie Stop Shuffle" als Widmung an den Blues. So finden wir hier Hinweise auf Duke Ellington (Track 5), oder Charlie Parker (Track 6).
Allein schon der Auftakt mit "Better Git It In Your Soul" ist ein ungewöhnlicher hinsichtlich des Arrangements mit starken Gospelbezügen, teilweise im 6/4 Takt. Mingus' Stimme ist auch zu hören, wenn er im Einklang mit seinen Bassläufen Rufe von sich gibt.

Treibend und fast rockend trägt die Band den "Boogie Stop Shuffle" vor, und dank der Vollversion kommen wir nun in den Genuss des ganzen Solos von John Handy. Die Hektik des Bebops wohnt dem Track "Open Letter To Duke" inne, auch hier wieder mit einem exzellenten Handy-Solo.

Das im Geiste Charlie Parkers eingespielte "Bird Calls" atmet noch mehr Bebop und fasziniert mit seinen in sich verschachtelten Arrangements der Instrumente. Dabei swingt es gewaltig und Dannie Richmond am Schlagzeug stellt sich hier als kongenialer Partner von Mingus' Bass dar. Richmond sollte bis zu Mingus' Tod mit ihm zusammenspielen, eines der wohl dichtesten Rhythmusgespanne im Jazz!

Mit "Pussy Cat Dues" lässt die Band den Blues erklingen, das geht weit zurück in der Jazztradition. Einem weiteren großen Künstler der Jazzgeschichte ist "Jelly Roll" gewidmet, nämlich Jelly Roll Morton. Hier schwingt dann auch ein Hauch New Orleans der 20er und 30er mit.

Auch auf "Mingus Dynasty" finden wir eine ähnliche Mischung. Gleich auf dem Opener "Slop" krächzt Mingus in die Arrangements, bevor er mit treibendem Bass das Stück auf den Weg bringt. Doch es fehlt diesem Album letztlich die innovative Kraft seines Vorläufers, was wohl auch dazu führte, dass es nicht einen solch großen Erfolg hatte.

Ein recht freies und unruhiges Arrangement musste "Gunslinging Bird" erfahren, Vibrafonfetzen werden eingestreut, die Bläser erzeugen eine hetzende Atmosphäre, aber das hat Feuer!
Das herrliche "Mood Indigo" von Duke Ellington, eine der drei Fremdkompositionen auf beiden Platten zusammen, bildet hier wieder den Gegenpol mit ruhig getragener Atmosphäre, ohne aber nicht gelegentlich die Stimmung durch energisches Spiel und einen plötzlichen Rhythmuswechsel anzuheben.

Auf dem einzigen Bonustrack der zweiten Platte gibt es dann noch Gesang, und zwar vorgetragen von Honey Gordon auf "Strollin'". Eine nette Abwechslung zum Schluss der Scheibe!

Auch auf CD Nummer zwei liegt eine PDF-Datei mit vielen Angaben zu den Sessions, originalen liner notes und biografische Angaben zu den Musikern.
Insofern ein 'Rundum-Wohlfühl-Paket'!!!

Die Musiker:

CD 1:

John Handy (alto sax, clarinet, tenor sax)
Booker Ervin (tenor sax)
Shafi Hadi (tenor sax)
Willie Dennis (trombone)
Jimmy Knepper (trombone)
Horace Parlan (piano)
Charles Mingus (bass, piano - #10)
Dannie Richmond (drums)

CD 2:

John Handy (alto sax)
Booker Ervin (tenor sax)
Jimmy Knepper (trombone)
Roland Hanna (piano)
Charles Mingus (bass)
Dannie Richmond (drums)
Don Ellis (trumpet - #1,5,8,9)
Maurice Brown (cello - #1,5,8,9)
Seymour Barab (cello - #1,5,8,9)
Richard Williams (trumpet - #2-4,6,7)
Benny Golson (tenor sax - #2-4,6,7)
Jerome Richardson (baritone sax, flute - #2-4,6,7)
Teddy Charles (vibes - #2-4,6,7)
Nico Bunink (piano - #12)
Honey Gordon (vocals - #12)

CD 1:

01:Better Git It In Your Soul
02:Goodbye Pork Pie Hat
03:Boogie Stop Shuffle
04:Self-Portrait In Three Colors
05:Open Letter To Duke
06:Bird Calls
07:Fables Of Faubus
08:Pussy Cat Dues
09:Jelly Roll

Mingus Ah Um bonus tracks

10:Pedal Point Blues
11:GG Train
12:Girl Of My Dreams
Mingus Ah Um alternate takes
13:Bird Calls (alt tk)

CD 2:

Mingus Ah Um alternate takes cont'd
01:Better Git It In Your Soul (alt tk)
02:Jelly Roll (alt tk)

Mingus Dynasty

03:Slop
04:Diane
05:Song With Orange
06:Gunslinging Bird
07:Things Ain't What They Used To Be
08:Far Wells, Mill Valley
09:New Now, Know How
10:Mood Indigo
11:Put Me In That Dungeon

Mingus Dynasty bonus track

12:Strollin' (Nostalgia In Times Square)


Wolfgang


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