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BeitragVerfasst: Fr 12. Nov 2010, 09:11 
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Till Brönner - At The End Of The Day

Till Brönner stellt uns sein neues Album vor.
Ob Jazz oder nicht Jazz, ich werde mich davon frei machen und einfach versuchen, zu beurteilen, ob diese Musik nun unterhält oder nicht.
Klar, sie ist unterhaltend, stellt sich nur die Frage, in welchem Maße?
Der Trompeter, der aktuell als Juror in der Casting Show "X-Factor" agierte, scheint in diesem Umfeld bereits genrefremden Einflüssen ausgesetzt gewesen zu sein. So mag es sich erklären, dass sein neues Album "At The End Of The Day" zwölf Pop- und Rocktitel sowie eine Komposition von Johann Sebastian Bach enthält. Da es sich in der Regel um Vokaltitel handelt, ließ er es sich nicht nehmen, neben seinem Trompetenspiel auch zu singen.
Da stellte sich bei den ersten Klängen schon wieder einmal, und hier noch stärker, die Frage: Ist das ein neues Album von Michael Franks?

Der Amerikaner ist auch seit Mitte der 70er Jahre Garant für jazzinfizierte Popsongs mit Anspruch, und - man vergleiche doch bitte einmal die Stimmen auf einigen Titeln! Gleich vorweg - unter diesem Aspekt ist Brönner der für mich klar Unterlegene, denn sowohl die legere Art eines Franks noch der Ansatz, vokalmäßig in Richtung Chet Baker vorzupreschen (es gibt ja bereits ein Tribut an Chet mit dem Album "Chattin' With Chet") werden nicht erfüllt, zumal gerade im Fall Bakers dessen Tiefe und Intensität seiner ihm eigenen Tragik, die er ausstrahlt, ein zu hoher Berg wäre, um ihn erfolgreich erklimmen zu können.
'Am Ende eines Tages', so das Thema, dass den Musiker offensichtlich bereits 1996 einmal beschäftigte, und zwar mit den Aufnahmen zu "Midnight". Wurde jenes Album noch in New York aufgenommen, so fanden die Sessions zur aktuellen Platte in Berlin, im Planet Roc-Studio, im alten DDR-Funkhaus statt. Ergänzungen gab es in Los Angeles (Streicher) und Stockholm (Holzbläser).
Nach des Trompeters Aussage beschäftigt er sich gern mit anderen Genres. So setze er seine eigenen Maßstäbe, sicher Gefahr laufend, dass Fragen nach dem Sinn dieses Albums auftauchen könnten.

Als Vorab-Single-Auskopplung wählte er den Titel "Summer Breeze" von Seals & Crofts.
Wir können also eine vielleicht andere Betrachtung dieser Songs erwarten, möglicherweise wird diese Musik polarisieren, aber vielleicht wird es Brönner damit auch gelingen, Hörer/innen, die dem Jazz bisher eher abgeneigt gegenüber standen, für diese Musik zu gewinnen.
Gleichwohl, wie ich schon sagte - es ist unterhaltend, die Musiker agieren unbestritten professionell, doch "At The End Of The Day" ist grundsätzlich eher ein Popalbum geworden, dass sich in diesem Bereich messen lassen muss.
Was für mich bleibt, ist Musik 'zwischen den Stühlen'. Der 'beinharte' Jazzer dürfte sich mit Grauen abwenden, für den Popmusikliebhaber könnte das alles viel zu kompliziert und zu dünnblütig sein, aber eine Gruppe scheint doch zwischen den Stühlen Platz genommen zu haben.
Und zwar jene Gruppierung stressgeplagter Menschen, die sich in Clubs in der Lounge treffen, um dort ungestört entspannen zu können. Für dieses Klientel halte ich die Platte als ernsthafte Empfehlung bereit, man sollte nicht enttäuscht sein.
Nun gut, enttäuscht bin ich auch nicht unbedingt, ich hatte als Jazzfan ja auch gar keine Jazzplatte erwartet. "Blue Eyed Soul" scheint mir in der Hinsicht ohnehin das bislang beste und interessanteste Album nach "Midnight" geblieben zu sein, eine Scheibe, der auch ich mich zugewandt habe und die ich für eine gute Variante in der großen Palette des Jazz halte.
Vielleicht hätte es dem Gesamteindruck besser getan, nicht so viele Vokaltitel zu wählen, halte ich doch persönlich eines der Stücke, von dem ich schon fast dachte, es könnte 'in die Hose gehen' für die interessanteste Darbietung:
David Bowies "Space Odditiy". Dieser Track weist einen sehr 'CD-Coverkonformen' Ausdruck auf, ist es doch geprägt von einer Art unendlicher Traurigkeit, verbunden mit Schönheit im Ausdruck, und instrumental.
Ebenfalls interessant ist "Everybody's Got To Learn Sometime", das einen dezenten Ambient-Anstrich aufweist. Jeden Augenblick könnte darüber hinaus Bill Frisell aus der Tiefe auftauchen und seinen unverwechselbaren Sound beisteuern. Brönner meets Frisell, ein gar nicht mal uninteressanter Aspekt, der sich hier auftut.
Eine sehr aufwändige Produktion, auf die sehr viel Sorgfalt, auch im Detail, gelegt wurde. Das ist auf jeden Fall professionell.
Zwei Stars tummeln sich auch heimlich auf der Platte, Larry Goldings an der Hammond B 3, der spartanisch im Hintergrund bleibt und der Gitarrist Chuck Loeb, der sich mit gelungenen Einsätzen hintergründig auf zwei Nummern einschleicht.
Freuen würde ich mich als Jazzfan, wenn es Brönner mit dieser Platte gelänge, auch bisherige 'Jazzhasser' ein wenig auf diese Seite zu ziehen und diese Musik einige Freunde dazugewönne. Denn angesichts einiger Titel, die etwas mehr Jazzelemente enthalten (so swingt "After You've Gone" doch ganz vorzüglich), könnte die/der eine oder andere vielleicht Geschmack finden. Und so können auch Jazzer den möglicherweise kommerziellen Kalkül verzeihen, schließlich möchten Jazzmusiker auch leben ...
Aber erst einmal chillen wir und lassen den Tag ausklingen, vielleicht umgeben von schönen Dingen oder Freunden oder Partner …

Wer die Musik des Albums live nachvollziehen möchte, kann einen der folgenden Termine anlässlich der "At The End Of The Day"-Tour 2011 wahrnehmen:

15.03.2011 Frankfurt
16.03.2011 Heidelberg
19.03.2011 München
20.03.2011 Nürnberg
21.03.2011 Stuttgart
23.03.2011 CH-Zürich
26.03.2011 Düsseldorf
27.03.2011 Bremen
28.03.2011 Hamburg
29.03.2011 Dresden
30.03.2011 Hannover
01.04.2011 Kiel
02.04.2011 Dortmund
05.04.2011 Lübeck
06.04.2011 Halle
07.04.2011 Braunschweig

Nachtrag:
Nun hätte ich noch sehr gern eine nachvollziehbare Dokumentation von Brönners aktueller Live-Zusammenarbeit mit Günter Baby Sommer, dem Jazzmusiker und Meister freier Improvisation. Da würde mich doch sehr interessieren, in welcher Weise das funktioniert hat und wie sich beide so unterschiedliche Musiker gefunden haben. Denn auf der vorliegenden Platte gibt es eben nur sehr gedämpfte und zurückhaltende Trompetenklänge mit ganz seltenen Kurzausflügen in die Improvisation. Eine CD davon bitte, denn dann mag Brönner auch zeigen, was er als Trompeter drauf hat!

Was mir noch bleibt, ist die Frage, warum der Till so ernst auf dem Cover und im Booklet schaut. Er strahlt eine relativ große Traurigkeit und Melancholie aus, die ich mit der Musik eigentlich weniger in Einklang bringen kann.

Musiker:

Till Brönner (trumpet, flugelhorn, vocals, brass and woodwinds)
Chuck Loeb (guitars - #1, 10)
Roberto DeGioia (piano - #1, 2, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 13, Wurlitzer - #3, 5, rhodes - #10)
Timothy Lefevre (bass - #1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13)
Martijn Vink (drums - #1, 2, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13)
Andreas Herbig (percussion - #1, keys - #6)
Karl Schloz (guitar - #2, 4, 11)
Magnus Lindgren (brass, woodwinds ,woodwind arrangements)
Martin Gallup (guitars- #3, 7, 8, pedal steel, - #3, 7, 8, 9, keys - #3, 7, 9, backing vocals, percussion - #3, Wurlitzer -#8)
Larry Goldings (Hammond B3 - #3, 4, 5, 6, 7, 11)
Olaf Casimir (bass - #3)
Henrik Menzel (percussion - #3, guitars - #5, 6)
Frank Kuruc (guitars - #5, 6, 12, 13)
Arne Schumann (keys - #6, Wurlitzer - #12)
Jonathan Heine (guitar - #9)
Nan Schwarz (brass and woodwind arrangements)
Chris Walden (string arrangements)
Wolf Kerschek (conductor - #8)
Jens Winter (rhythm arrangement - #13)
Plus strings

Titel:

01:And I Love Her (Lennon, McCartney)
02:After You've Gone (Creamer, Layton)
03:Human (Flowers, Kenning, August)
04:I'm Through With Love (Livingston, Malneck, Kahn)
05:Summer Breeze (Seals, Crofts)
06:We Said It All (Brönner, Sutton, Simms)
07:Your Life (Brönner, Lindblom, Wolbeck)
08:I'm Only Human (Harris, Lewis)
09:Space Oddity (Bowie)
10:If I Saw You Tomorrow (Brönner, Griggs)
11:I Wanna Be Around (Mercer, Wimmerstedt)
12:Everybody's Got To Learn Sometime (Warren)
13:Air (Bach)


http://www.tillbroenner.de/


Wolfgang


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BeitragVerfasst: Fr 12. Nov 2010, 12:43 
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Montague hat geschrieben:
Was für mich bleibt, ist Musik 'zwischen den Stühlen'. Der 'beinharte' Jazzer dürfte sich mit Grauen abwenden, für den Popmusikliebhaber könnte das alles viel zu kompliziert und zu dünnblütig sein, aber eine Gruppe scheint doch zwischen den Stühlen Platz genommen zu haben.


Das hätte ich selber nicht besser formulieren können, Wolfgang. ;)
Ich nenne solche Scheiben auch nur "Barmusik".

Til Brönner ist ein wirklich netter Typ, nur das Singen sollte er lieber lassen.
Beispiel: das Beatles Stück And I Love Her. :roll:


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BeitragVerfasst: Mo 15. Nov 2010, 13:54 
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Mir ist das zu weichgespült.


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