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 Betreff des Beitrags: Martin Schulte Quartett - In Transit
BeitragVerfasst: Do 17. Feb 2011, 09:09 
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 11:05
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Martin Schulte Quartett - In Transit


Der 1979 in Duisburg geborene und in Köln lebende Gitarrist gehört mittlerweile zum harten Kern der Kölner Jazzszene, nicht nur durch sein eigenes Quartett, mit dem er seit 2003 zusammen arbeitet. Und doch ist vorliegende CD die erste der Formation. Viel Zeit zum Üben also...

Während eines durch ein Stipendium finanzierten einjährigen Aufenthalts in New York lernte er bei namhaften Gitarristen der Szene, z.B. Paul Bollenback oder Wayne Krantz.
Auch seine Mitstreiter verfügen durch zahlreiche Zusammenarbeiten mit Größen der internationalen Jazzszene über reichliche Erfahrung. Und genau das schlägt sich hier auch nieder, es ist professionell dargebotene Musik mit dem gewissen Etwas.

Mit lässig dahingeschmissenem Thema, geführt durch das Saxofon und einem sich steigernden Swing, übernimmt Martin Schulte schon bald das Zepter und legt gleich ein hervorragendes Solo hin, das mich als Gitarrenfan aufhorchen lässt.
Da ist die Rede von Inspiration durch solche Gitarristen wie John Scofield und Kurt Rosenwinkel und im Falle des Zweitgenannten bin ich voll bei dieser Auffassung. Beide sicher vorhandenen Einflüsse deuten sich aber lediglich an, Schulte verpackt sein Spiel in ein persönliches Gewand.
Auch Peter Ehwald am Saxofon legt ein beherztes Solo vor und wird unterstützt durch eine sicher agierende Rhythmusgruppe an Bass und Schlagzeug.
Und schon wieder ein pianoloses Trio; immer dann bekommt der Jazz ein anderes Gewand, das fällt mir auch hier wieder auf. Durch das Weglassen und den möglichen Zwang, bei einigen Stücken ein E-Piano einsetzen zu müssen, gewinnt die Ausgestaltung aus meiner Sicht mehr Freiheit. Freiheit dergestalt, dass bereits der zweite Titel in einem anderen, einem mehr sich annähernden Gewand mit leichtem Groove, gespielt wird. Und - siehe da, es ist ein Titel von Kurt Cobain, quasi der 'Pop-Titel' dieser Platte.
Für mich hängt die Musik ' hier zwischen den Stühlen'. Auf dem einen steht Jazz und auf dem anderen Rock. Fusion im herkömmlichen Sinne ist das aber doch nicht. Eine fast schon emotionslose Atmosphäre scheint aufgebaut zu werden, so meine spontane Empfindung. Ich erachte diese Bearbeitung als interessant, doch erscheint es mir zu statisch, klebt förmlich am Boden, da hebt nichts ab.

Fürs Abheben sorgen dann doch eher solche Nummern wie das schnell swingende "The Team", das mich an Musik, wie sie Lee Konitz in den Sechzigern vorlegte, erinnert. Hier stimmt das Tempo, das treibt voran, die Einsätze sitzen perfekt, da ist Raum zum Atmen, für Improvisation, für Ideen. Mein liebster Track, einwandfrei. Der Name "The Team" mag bezeichnend sein, denn als solches tritt die Band auf.
Trotz der Soloinstrumente bilden alle die Einheit, um ausgefüllte Musik zu bieten, Ehwald und Mirek zeigen ein bemerkenswertes Zwischenspiel, das allerdings mehr an das Ende des Stückes gelegt ist. Das sind jene Momente, in denen ich spüre, dass Jazz die Musik ist, die solche Spontaneität und Frische noch bieten kann. Ich freue mich auch, dass solche Impulse auch einmal wieder aus Deutschland kommen. Bravo!

Ein Song, der auch sehr außergewöhnlich ist, stellt sich mit "Random Rampage Rondo" vor, für mich ein kleines Meisterwerk eines Stilmixes. Freche Rocktöne gleich zu Beginn wechseln sich mit luftigen Rhythmusakzenten ab, kurze freie Ausflüge runden die Musik ab, plötzlich gibt sie sich scheinbar gedankenverloren, zeigt Verspieltheit und Humor, ein weiterer Anspieltipp, der auch weitere Kreise von Musikliebhabern ansprechen könnte. Die Gitarre ist hier alles andere als luftig - jazzig, hier wird verzerrt vom Leder gelassen!
Dagegen steht die Zartheit einer Komposition des Titeltracks, verträumte Klänge laden zur Gedankenreise, das geht stark in Richtung ECM. Genau das gleiche gilt auch für den letzten Titel, der völlig losgelöst dahingleitet.

Insgesamt ein gelungener Mix zwischen Tradition und Moderne, zwischen zarten und rauen Tönen, zwischen Emotion und Kopflastigkeit, zwischen Ernst und Humor, dabei mit Tupfern von Leichtigkeit versehen, gelegentlich im Hard Bop-Gewand, dann wieder im Stil treibenden Jazz Rocks der Siebziger.

Mit dieser Platte bin ich sehr zufrieden und neben dem jüngst besprochenen Werk vom Frank Delle Trio ist dieses Quartett eine wohltuende Bereicherung der modernen Jazzszene, und das meine ich nicht nur in nationalem Sinne!

Musiker:


Peter Ehwald (saxophone)
Martin Schulte (guitar)
Matthias Nowak (bass)
Mirek Pyschny (drums)

Titel:

01:Song For January (Schulte) [5:54]
02:Heart-Shaped Box (Cobain) [5:45
03:The Team (Schulte) [4:24]
04:Fall Into Oblivion [Schulte) (6:02]
05:Random Rampage Rondo (Schulte) [5:48]
07:Emoticon (Nowak) [6:19]
08:In Transit (Schulte) [5:28]
09:Martin's Song (Ehwald) [4:59]


http://www.martinschulte.com/

Wolfgang


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