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BeitragVerfasst: Mo 6. Sep 2010, 09:15 
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 11:05
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Nylonsaiten und Saitenstrümpfe - Somewhere In Between

Eigentlich hätte ich etwas Deutschsprachiges erwartet, das war mein erster Eindruck, nachdem ich das so liebevoll gestaltete Behältnis (Booklet) in der Hand hatte, dabei in der beigelegten Mitteilung erfuhr, dass das Album, bis auf die Pressung, komplette Handarbeit sei, das Paperbag von Hand geschnitten, gefaltet, geklebt und mit einem Layoutstempel bedruckt, ebenso das Booklet, mit Nähmaschine gebunden mit von liebevoller Hand gezeichnetem Layout.
Selbstverständlich erscheint dann schon fast, dass die Auflage limitiert und nummeriert ist. Ich halte die Nummer 100 in Händen.
Dann der Blick auf die Titelfolge und spätestens die ersten Zeilen des ersten Stückes belehrten mich eines Besseren: Hier wird englisch gesungen.

Wesentlich filigranere Musik hätte ich erwartet, ich bin überrascht, doch recht energische Klänge zu vernehmen, z.T. etwa in Richtung dessen, was man von den Four Non Blondes kennt, man beachte hier den Track # 4.
Energischer Gesang, mitunter mit einem Schuss verrucht-verrauchter Marianne Faithfull der späteren Jahre, aber auch ein Schuss Renaissance, wenn das Piano ähnlich wie beim Erstling jener Band akzentuiert, oder vielleicht etwas von Melissa Etheridge.
Ein Gefühl von Space Oddity schleicht sich anfangs ein, wenn die Geschichte vom "Christmas Tree" ansetzt. Nun denn, angesichts dessen, was ich hinsichtlich der äußeren Aufmachung nun erwartet habe, bin ich, obwohl die Musik ganz anders ist, gar nicht enttäuscht, sondern eher angenehm überrascht.

Es handelt sich um eine Band aus Leipzig. Geleitet wird sie offensichtlich von Nadine Maria Schmidt. Nach dem Debüt im Eigenvertrieb ("Naked") nun dieses Album, auf lala records veröffentlicht.
"Somewhere In Between" - ich habe mir überlegt, ob das ein Hinweis sein soll. Ein entsprechender Titel findet sich nicht auf der Platte. Vielleicht sind es die Texte, die einen Hinweis ergeben, finde ich doch solche, die zwischen (harter) Realität und Träumen angesiedelt sind.

"In Her Room", ein Lied über eine Frau, die wohl von ihrem Mann verprügelt wird, und, nachdem die Polizei wieder weg ist, von ihm wieder aufgesucht wird und am nächsten Morgen zwei Leichen aus der Wohnung abgeholt werden. Selten, dass man ein solch brisantes Thema so geboten bekommt, knallhart, ohne Umschweife. Kylie Minogue & Nick Cave - "Where The Wild Roses Grow", an die Atmosphäre dieses Songs fühle ich mich erinnert.

Aber auch Hoffnung in einer Beziehung, die zu scheitern droht, wird angesprochen, "In A Morning Of July". Philosophisches z.B. auf "Pictures", letztlich sind es Texte, die den Alltag so beschreiben, wie er sich täglich überall ereignen kann, im Spiegelbild zwischen 'Gut und Böse', zwischen Hoffnung und Resignation, zwischen Leid und Freud … also wäre das bereits "Somewhere In Between".

Nadine Maria Schmidts Gesang ist nicht immer nett und bequem, sondern klingt mitunter sehr aufdringlich, indem sie dazu zwingt, dem zuzuhören, was sie gerade vorträgt. Insofern ein großer Vorteil, dass alle Texte beigefügt sind. Und ich empfehle, sie auch zur Hand zu nehmen, denn sie bilden durchaus eine Einheit mit dem, was die Musik umsetzt. Das zarte Gerüst der Songs wird sehr gut von Jann van de Kaast am Cajon vorangetrieben, nicht zuviel und nicht zu wenig.

Die Musik klingt unverbraucht, ist eigentlich nicht zu messen an solcher, die man kennt. Auch eher ungewöhnlich arrangierte Titel finden wir, z.B. das irgendwie unheimliche und faszinierende "Two Voices", ich empfehle es anzutesten!


Interessant wäre es hier tatsächlich, einmal eine Version dieser Platte mit deutschen Texten anzubieten. Nicht, weil englisch nicht passt, denn dieses ist, zwar mit einem gewissen Akzent (Beispiel "Colour Drops"), passend vorgetragen.
Doch manchmal habe ich den Eindruck, dass die Musik mitunter einen 'deutschen' Charakter aufweist, der auch nach deutschen Texten verlangt. Alles in allem jedoch Musik, die auch "Somewhere In Between" passt, denn das ist weder im typischen Singer/Songwriter-Umfeld anzusiedeln, noch ist es reiner, filigraner Folk, aber für Rock ist es dann wieder zu 'zart'. Kräftig ist die Stimme, folkig die Begleitung, also nenne ich es einmal 'Folk Rock'.


Nichts, was man nicht wieder hören möchte, auf eine Fortsetzung kann man gespannt sein.
Meine persönlichen Wünsche hierfür wären ein richtiges Schlagzeug mit einem Drummer, der es versteht, den Titeln eine mehr jazzige Richtung zu geben, etwa Richtung Pentangle und größeren Spielraum für den Pianisten, der mir immer dann, wenn er vordergründiger wird, sehr gut gefällt, im Hintergrund scheint er auch unersetzlich für diese Produktion. Dazu bitte noch etwas mehr 'Basspräsenz', ich hätte dieses Instrument gern noch etwas 'verbindender und elastischer' im Ausdruck, dann wäre alles perfekt.

Fazit: Eine tolle Produktion aus deutschen Landen! Mein Glückwunsch nach Leipzig!

Es singen und spielen:


Nadine Maria Schmidt (Musik, Texte, Gesang, Gitarre)
Chris Turrak (Bass, Layout / Satz)
Till Kretschmer (Piano)
Jann van de Kaast (Cajon, Backvocals - #1)
C.A.Cloons (2. Gitarre - #5)


Diese Titel können wir hören:


01:For Me
02:Christmas Tree
03:In Her Room
04:In A Morning Of July
05:Change
06:Between Speaking Lips
07:Colour Drops
08:Wild Dogs Of Romania
09:Pictures
10:Angry Civilization
11:Two Voices
12:Trance



http://www.myspace.com/nylonsaitenundsaitenstrmpfe

http://fraumitgitarre.de/

Wolfgang


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