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 Betreff des Beitrags: Die Musikbranche in der Krise
BeitragVerfasst: Di 20. Okt 2020, 15:20 
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Registriert: Fr 28. Okt 2016, 19:02
Beiträge: 11469
Wohnort: Berlin
Ich habe mir in den letzten Tagen so meine Gedanken gemacht über die Krise in der Musikbranche.
Clubs haben geschlossen, Konzerte fallen aus und den Musikern ist jegliche Chance genommen, ihrem Beruf nachzugehen und sich ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Natürlich, klar, Covid 19 hat ALLE schwer getroffen, besonders den gesamten Unterhaltungssektor.
Ob Bratwursthändler oder Lichttechniker, ob Messebauer oder Hotelier, ALLE leiden ganz massiv unter dem STOP sämtlicher Veranstaltungen.
Ich frage mich nur, ob wir nicht auch ein wenig Schuld daran tragen. :?
Warum ? Dazu muß ich ein wenig ausholen :

Wenn wir den Beginn der Popmusik in die 50er Jahre legen, muss man sagen, daß damals kaum jemand wirklich von seinen Plattenverkäufen leben konnte, die ganz, ganz großen Namen wie Sinatra, Presley etc. mal ausgenommen.
Die anderen Künstler, von denen viele heute als Götter oder Gründungsväter angesehen werden, waren gezwungen, auf endlosen Tourneen solo, oder auch Packagetouren mit anderen durchs Land zu ziehen.

Das lag zum großen Teil natürlich auch daran, daß Jugendliche damals noch nicht über das große Taschengeld verfügten, wie Jahre später.

Mit dem Teenagerkult in den 60ern wuchsen dann natürlich die Plattenumsätze gewaltig,was aber nicht heißt, daß da so viel Geld bei den Künstlern hängen blieb.
Beatles, Stones, Beach Boys klar, da kam auch auf dem Privatkonto etwas an, und wenn man über ein vernünftiges Management verfügte, wurde man auch etwas weniger beschi.... :evil:

Scott Walker hat dies in einem seiner raren Interviews bestätigt wo er meinte, die allermeisten Bands haben damals kaum Geld gesehen.

In den 70ern bis weit in die 80er Jahre hinein explodierte für mich dann die Szene.
Es wurden Unmengen an Alben und Singles verkauft und Künstler mit gigantischen Vorschüssen in die Verträge gelockt.

Das änderte sich mit dem Aufkommen der CD auch nicht wirklich, die Gewinne der Labels wurden nur durch die geringeren Herstellungskosten der Silberlinge bei gleichen, wenn nicht höheren Verkaufspreisen noch einträglicher.

Den Todesstoß gaben für mich dann die ganzen Streamingdienste oder YouTube ab.

Was für ein Wahnsinn : Man geht die Strasse lang und jeder Zweite hat einen Knopf im Ohr und hört Musik.
Aber nicht Musik, die er von selbst gekauften Alben auf seinem Player hat, sondern Musik, die er gemietet hat.
NUR...., von dem Geld kommt beim Künstler kaum etwas an !!!
Und das ist bei YouTube nicht anders, auch von denen erhält der Künstler nur Peanuts, trotz unterlegter Werbung.

Was heißt das alles nun für den Musiker heute ? Von seinen Plattenverkäufen kann er nicht mehr leben und Auftritte gibt es nicht mehr.

Frage :
Liege ich da so falsch mit meinen Gedanken ? Muss Musik immer und überall für lau erwerblich sein ?

Bin gespannt auf Eure Meinungen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Die Musikbranche in der Krise
BeitragVerfasst: Di 20. Okt 2020, 23:51 
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 11:05
Beiträge: 2338
an anderer Stelle hatte ich mich wie nachfolgend zu diesem Thema bereits im August 2019 ausgelassen:

"Letztlich geht es jedoch auch um Künstler/innen, die gar nichts davon haben, wenn sie nichts verdienen, wenn Alle sich kostenlos etwas herunterladen....

Minimal soll auch der Anteil sein, wenn zum Beispiel die mp3-Pakete über z.B. Amazon angeboten werden.

Ich mag weder Downloads, Streaming etc., weil das für mich Ausdruck einer Zeit ist, die ich nicht will und nicht mag. Eine LP oder auch CD in der Hand ist für mich etwas Handfestes, dem ich gern in Ruhe meine Zeit widmen möchte, als Gesamtheit, und alles andere ist für mich einfach in den Topf "Hektik" zu packen...

Aber, wie gesagt, damit muss Jede/r selbst klar kommen. Und auf die Bereitschaft, über Musik zu diskutieren, hat es meiner Meinung nach sicher keinen bedeutenden Einfluß. Jemand, der ein oder zwei Musikstücke zur kurzzeitigen Verwendung auf dem Smartphone herunterlädt oder Jemand, der sich intensiv zu Hause mit einer LP oder CD beschäftigt, wird ebenso wenig Interesse daran zeigen, zum Beispiel an Foren mitzuwirken....

Das wirkliche Interesse an Musik geht ganz einfach zurück, das stelle ich stets wieder fest an den Konzerten, die ich in Sande mitgestalte. 80% der Leute quatschen und nehmen die Musik nebenbei war. Spricht man den Einen oder Anderen darauf an, wie es denn so gefällt, ANTWORT: echt toll! (dann könnte aber auch irgendein Schlagerfuzzy auftreten) Bei einer wöchentlichen Veranstaltung im hiesigen Pumpwerk mit den fürchterlichen Coverbands sind Hunderte von Leuten anwesend, die in der Regel nur andere Leute treffen wollen oder saufen....

Musik an sich gerät ins Hintertreffen, das haben mir auch viele Musiker so bestätigt... "


Leider hat sich zwischenzeitlich nichts geändert, der Trend scheint jedoch, und das ist ganz einfach unserer Zeit geschuldet, nicht aufzuhalten zu sein, und das in der Regel darum, weil mittlerweile eine neue, andere Generation am Ruder steht...

Das hat Auswirkungen in allen Bereichen, im Beruf wie in der Freizeit. Und jene Musiker, die ich kenne, sind meistens auch nicht begeistert, höchstens jüngere, die zwangsläufig diesem Trend folgen müssen...


P.S.: Nachtrag

Das war auch Thema anlässlich meines Interviews mit Ted Russell Kamp:

"MAS: Es wird oft davon gesprochen, dass die Zeit für CDs und LPs auslaufen wird und dass es nur noch Downloads geben wird, um Musik hören zu können. Wie denkst Du darüber? Wird es auf diese Weise geschehen? Und was wären für Dich als Musiker die Konsequenzen daraus?

Ted Russell Kamp: Vielleicht. Das Schlimme ist, dass bereits so viele Leute Streaming-Dienste nutzen, die den Künstlern nie so viel Geld bringen wie ein CD-Verkauf oder ein digitaler Download. So wird es schwieriger werden, Einnahmen aus Plattenverkäufen zu erzielen und daher wird es schwieriger, weiter Musik zur Veröffentlichung aufzunehmen."

Ted ist 50 Jahre alt...


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 Betreff des Beitrags: Re: Die Musikbranche in der Krise
BeitragVerfasst: Mi 21. Okt 2020, 10:33 
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Registriert: Fr 28. Okt 2016, 19:02
Beiträge: 11469
Wohnort: Berlin
Dass Hörgewohnheiten sich geändert haben ist (wahrscheinlich) der normale Gang der Geschichte.
Ich kann mich noch sehr gut & gerne an die Zeiten erinnern, als in Musikzeitschriften ein kommendes Album angekündigt wurde und ich begann, mein Taschengeld beiseite zulegen.

Dann trug man das Album stolz nach Hause und studierte das Cover und hörte sich das Album Track für Track sorgfältig an.
Ich wäre nie auf die Idee gekommen, einen Track zu überspringen, nur weil er mir nicht zusagte.
Andere Zeiten damals, bessere ? Hmm, es war meine Jugend, da sieht man heutzutage vieles sentimentaler.

Downloads kommen für mich nur dann in Frage, wenn das Album anders nicht mehr erhältlich ist, wie z. B. das letzte Scott Walker Album, oder es sich um Aufnahmen handelt, die regulär sowieso nicht mehr erhältlich sind.

Streaming lehne ich für meinen Teil komplett ab. 90 % der Musik, die ich höre, sind dort überhaupt nicht erhältlich.

Ich verlange nur, daß Musiker für ihre Arbeit vernünftig bezahlt werden.
YouTube und die ganzen Streamer verdienen sich eine mehr als nur goldene Nase mit der Arbeit anderer und viele Künstler gehen leer aus bzw sitzen bei Edeka hinter der Kasse.

Und das ist für mich der ganze Wahnsinn !


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 Betreff des Beitrags: Re: Die Musikbranche in der Krise
BeitragVerfasst: Mi 21. Okt 2020, 10:54 
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Registriert: Di 31. Aug 2010, 16:18
Beiträge: 4002
Was Mike und Wolfgang geschrieben haben, dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Ich sehe das genauso.
Und damals war es wirklich ein Erlebnis eine neue LP zu besitzen, das Cover zu betrachten und den Klängen zu lauschen. Eine schöne Zeit. Auch als die CD kam, war die musikalische Welt noch in Ordnung.
Außerdem glaube ich, dass die junge Generation niemals so ein inniges Verhältnis zu Musikern
haben wird, wie wir.


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