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Zum Song

I STILL SEE YOU

gibt es eine interessante Geschichte zu erzählen :

Im Jahre 1971 hatte sich Scotts Karriere in Luft aufgelöst. Er hatte zwar noch einen Plattenvertrag mit Philips zu erfüllen, aber keinerlei Lust auf die ihm von dort angebotenen Songs.
Umgekehrt hoffte man bei Philips noch auf irgendeinen Erfolg mit ihm, aber nicht mit seinen eigenen Songs.
Johnny Franz, sein Produzent und väterlicher Freund, war bemüht, beiden Seiten gerecht zu werden.
So kam er eines Tages mit der Idee zu Scott, den Song I Still See You aufzunehmen.
Der Song sollte im Film The Go Between, mit Julie Christie und Alan Bates, zu hören sein.

Komponiert wurde er von Michel Legrand, von dem Scott schon einiges aufgenommen hatte. Der Text kam von Hal Shaper und für das Orchester, hier erstmals verantwortlich, zeichnete Robert Cornford.

Franz war sehr überzeugt von diesem Song, und obwohl er auch viele andere namhafte Künstler hatte, die Interesse bezeugten, wie z. B. Shirley Bassey, wollte er, dass Scott den Song sang.

Der Texter Hal Shaper schilderte die Situation der Aufnahme in einem Interview wie folgt :

Scott erschien mit Freundin Mette und einigen Flaschen Wodka ziemlich betrunken im Studio.
Dort regte er sich sofort darüber auf, dass er nur drei Stunden Zeit für die Aufnahme hätte und fing auch an, den Text umzuschreiben.
Das nun wiederum missfiel Shaper sehr.
Nach langem Hin und Her blieb der Text dann wie im Original beschrieben stehen......, bis auf eine Zeile.
Statt I SEE THE FIELDS / SO GREEN AND FAIR / THE SILENCE GHOSTS / ARE EVERYWHERE

sang Scott seinen Text I SEE THE FIELDS / IN STILL GREEN AIR / THE SILENT GHOSTS/ TO DANCE THEIR HAIR

Shaper hielt das für psychedelischen Mist und beschwerte sich bei Franz.
Der aber konnte sich bei Scott nicht mehr durchsetzen und da nur noch eine Stunde Zeit für die Aufnahme blieb, beließ man es bei der Version mit Scotts korrigiertem Text.

Shaper sollte es nie wieder mit Johnny Franz bzw Scott Walker zu tun bekommen.

Übrigens...., vor Jahren hatte Scott schon einmal mit Hal Shaper zu tun. Er hatte damals den von Hossein und Shaper komponierten Filmsong The Rope And The Colt eingesungen.

I Still See You wurde 1971 zwar als Single veröffentlicht, hatte aber überhaupt keinen Erfolg.
Für mich auch heute noch unvorstellbar, den sowohl Scott als auch das Orchester liefern eine großartige Leistung ab.

Höre nur ich am Anfang eine gewisse Ähnlichkeit zum Walker Brothers Titel Deadlier Than The Male ?

Die Singleversion erschien in Mono, die Stereoversion konnte man später auf dem Sampler Spotlight On Scott Walker hören.

Soweit ich mich erinnern kann, ist im Film nur eine Instrumental Version zu hören.
Schade, denn die Version von Scott hätte wunderbar in dieses romantische Werk gepasst.
Die Aufnahme von Scotty habe ich zum ersten Mal auf der WB Single+ Box gehört, die 2004
erschien.

Es soll davon ja auch TV Material geben, Shows, in denen Scott den Titel sang.
Leider habe ich davon noch nichts gesehen.

Kleine Anmerkung:

Scott singt nicht "I SEE THE FIELDS / IN STILL GREEN AIR / THE SILENT GHOSTS/ TO DANCE THEIR HAIR",
sondern
"I see the fields IN STILL GREEN AIR, the SUNLIT GHOSTS TO DANCE THEIR HAIR."

(Leider scheinen auch im weltweiten Netz nur falsche Textversionen herumzuspuken, die Leute sollten einfach genauer hinhören, bevor sie vermutungshalber Texttranskriptionen einstellen.)

Sehr poetisch und individualistisch aufgefasst und typisch Scott, und wenn Shaper das für "psychedelischen Mist" gehalten haben soll (in welchem der Bücher steht das denn? die Stelle würde ich gerne nochmal wörtlich lesen dürfen), verstand er offenbar nicht allzuviel vom Wesen echter Dichtkunst.



In der Tat, seine Stimme hat das Lied erst zu dem gemacht, was es mir bedeutet, ein wunderschöner Song, und eigentlich eine Sauerei, dass er bisher nur in recht lieblos "gemasterten" Versionen erhältlich ist. Wartet Universal halt noch 50 Jahre, bis die Bänder endgültig am Ende sind... bravo.



Wäre mir neu, woher hast du das?

Noch ein paar kleine Ergänzungen:

Für mich beginnt dieses Stück erst ab etwa 00:09
Weshalb? Die einleitende Melodramatik des Orchesters erscheint mir unglücklich gewählt und gekünstelt für diesen wunderbaren Song.
Die Streicher während des Stücks teils etwas zu süßlich agierend, schade irgendwie.
Wesentlich gekonnter arrangiert die erhaben wirkenden Bläser.
Sehr schön sich dem Ganzen einfügend auch das nostalgisch klingende Piano ab 2:50.
Leider in der CD-Version wohl nicht von den Originalmastertapes überspielt.
WANN bekommen wir endlich ALLE Scott-Songs in würdiger Reproduktion? Vermutlich erleben wir das nicht mehr.
Scotts Stimme an einigen Stellen auf Höchstleistung. Dämonisch-zart bei seiner "eigenen Zeile".
Von 01:57 bis 02:15 übertrifft er dann JEDEN jemals gelebt habenden und sicherlich auch künftigen "So-called-Crooner". Die Stimme besitzt hier eine unglaublich (wie nenn ich's bloß???) "altmännisch-verzweifelte Intensität". Das "...To fly away" wirkt ganz kurzfristig nahezu luziferisch-anklagend.