YAHOWAH hat geschrieben:
"Ein Film, ein Hörspiel, eine Avantgardeoper, ein Nachtmahr, ein Monster, ein Labyrinth, ein Befund. Auch ein Album, sicher, aber vor allem eine Reise. Wenn Climate Of Hunter (1984) den Aufbruch des ehemaligen Boygroup-Sängers und Teenie-Idols auf seine letzte Fahrt darstellte und mit Tilt (1995) seine erste Flaschenpost bei uns ungläubigen Hörern eintraf, so findet The Drift nunmehr in einer Region statt, die weit jenseits unserer Vorstellungskraft liegt. Wo Walker heute ist, war nie jemand zuvor, die Musik, die er heute macht, erinnert an nichts anderes, selbst sein letztes, bereits ungeheuerliches Album hat er hinter sich gelassen oder auf eine Spitze getrieben, die er uns in die Ohren rammt – The Drift ist ein Anschlag auf die Sinne. Ich habe Tausende Alben gehört, viele haben mich berührt, manche sogar mein Leben verändert. Angst gemacht hat mir noch keines. Bis jetzt. The Drift ist eine Reise in eine Nacht, die man selbst nicht machen möchte, die über 68 Minuten zu begleiten schwer fällt und die doch mit jedem Hören noch mehr fasziniert, für die man dem Mann, der eigentlich Engel heißt, dankbar ist – weil er sie unternimmt, nicht wir. Zerquält, atonal, kaum mehr an traditionelle Songstrukturen gebunden, voller Paranoia und Klaustrophobie, erinnern die einzelne Nummern am ehesten an jene Szenen in David Lynchs Filmen in denen alles, das man bisher für wahr gehalten hatte, auf den Kopf gestellt wird, in denen einem der Boden weg zu sinken scheint. Nur dass The Drift das in jeder Minute vollbringt. Kurze lyrische Passagen, in denen der unvergleichliche Bariton des 63-Jährigen durch die innere Nacht schwebt, werden zerfetzt von Sounds, denen man oft nicht einmal Instrumente zuordnen kann (Ist das eine Holzkiste? Soll das Donald Duck sein? Klingt so Fleisch?). Die Texte kreisen um Elvis’ totgeborenen Zwilling Jesse, Mussolinis Geliebte Clara, um 9/11, Folter, Kreuzigungen, Vögel, Krieg. Ein Album von beinahe unerträglicher Intensität, unbeschreiblich, ungeheuerlich – das erste wahre Album eines neuen Jahrtausends in dem zu leben plötzlich gefährlicher scheint denn je zuvor."
AMEN!